Seit dem 1. Juli 2014 sieht das Schweizerische Recht die gemeinsame elterliche Sorge als Regelfall vor. Nach Art. 296 Abs. 2 ZGB stehen minderjährige Kinder unter der gemeinsamen elterlichen Sorge von Vater und Mutter. Ob die Eltern miteinander verheiratet sind, ist nicht mehr relevant.

Mit dieser Neuerung wurde ein Systemwechsel vorgenommen, indem das Sorgerecht der Eltern – unabhängig von deren Zivilstand – grundsätzlich beiden zustehen soll. Der Gesetzgeber geht von der Annahme aus, dass dem Kindeswohl damit in der Regel am besten gedient ist. Vom Grundsatz der gemeinsamen elterlichen Sorge wird nur dann noch abgewichen, wenn eine andere Lösung die Interessen des Kindes ausnahmsweise besser wahrt. Die Alleinzuteilung des elterlichen Sorgerechts muss deshalb eine eng begrenzte Ausnahme bleiben (Urteil des Bundesgerichts vom 27. August 2015, 5A_923/2014).

Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung kann ein Ausnahmegrund für die Zuteilung der alleinigen elterlichen Sorge insbesondere der schwerwiegende elterliche Dauerkonflikt oder eine anhaltende Kommunikationsunfähigkeit sein, falls sich dies negativ auf das Kind auswirkt und die Alleinzuteilung des Sorgerechts eine Verbesserung der Situation erwarten lässt. Es muss gemäss dem Bundesgericht in jedem Fall um einen erheblichen und chronischen Konflikt handeln. Auseinandersetzungen oder Meinungsverschiedenheiten, wie sie in allen Familien vorkommen und insbesondere mit einer Trennung oder Scheidung einhergehen, können und dürfen angesichts des mit der Gesetzesnovelle klarerweise angestrebten Paradigmenwechsels nicht Anlass für eine Alleinzuteilung des elterlichen Sorgerechts bzw. für die Belassung des bestehenden Alleinsorgerechtes sein (Urteil des Bundesgerichts vom 27. August 2015, 5A_923/2014, E. 4.3. und 4.7.).

Das Bundesgericht präzisiert in seinem Entscheid vom 26. November 2015 (5A_202/2015), dass es nicht die Meinung des Gesetzgebers war, dass ein Elternteil bloss in abstrakter Weise auf einen Konflikt verweisen kann, um daraus einen Anspruch auf Alleinsorge ableiten zu können.

Insgesamt verdeutlicht das Bundesgericht in seinem Entscheid vom 26. November 2015 (5A_202/2015) mit Verweis auf seine bisherige Rechtsprechung, dass die alleinige Sorge nur noch in absoluten Ausnahmefällen und wenn das Kindeswohl auf andere Weise kaum mehr ausreichend geschützt werden kann, angeordnet wird.

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